02.04.2020
Corona - kurz und knapp - Karfreitag
Ein Wort zum Tage von Pfarrer Georg-Martin Hoffmann mit Musik aus Taize, gesungen und gespielt von Ricarda Kappauf und Anna Fuchs-Mertens
In alten Filmen ist sie noch zu sehen: Die Fieberkurve am Bett des Patienten im Krankenhaus. Sorgfältig trägt eine Krankenschwester mehrmals am Tag die Messwerte ein und verbindet die entstehenden Punkte mit einer Linie. Schon von weitem sieht der Arzt, ob das Fieber steigt oder fällt.
Täglich schaue ich auf die Zahlen, die die Entwicklung der Corona-Pandemie dokumentieren. Wie ist die Lage in Italien? Wie geht’s den New Yorkern? Und wie viele Neuinfektionen gibt es in Deutschland, in Thüringen, im Wartburgkreis? Jeden Morgen hoffe ich, dass die Kurve fällt und dass sich der Hügel zeigt und nicht der steile Berg! Fast Jeder hat mittlerweile diese Grafik gesehen: Der steile Berg- der die explosionsartige Entwicklung der Pandemie zeigt. Der sanfte Hügel, der abbildet, dass nicht mehr Menschen erkrankt sind, als in den Krankenhäusern Aufnahme finden können. „Flatten the curve!“ klingt es wie ein Schlachtruf. „Tu alles, um die Kurve flach zu halten!“ Der steile Berg. Der sanfte Hügel. Die Grafik wird zum Sinnbild der Sorgen und Hoffnungen von Menschen auf der ganzen Welt.
In Gedanken setze ich in den letzten Tagen immer unwillkürlich ein Kreuz auf die höchste Stelle der Kurve. Ich sehe den steilen Berg vor mir mit einem Gipfelkreuz darauf. Ich sehe den Hügel, auf der höchsten Stelle ein Kreuz. Unwillkürlich geschieht das. Dann sehe ich das Kreuz auf dem Berg. Vielleicht, weil ich an den Karfreitag denke? Weil ich mich an die Bilder in den Kinderbibeln erinnere? Wie Jesus sein Kreuz auf den Berg schleppen muss. Oder zeigt sich das Kreuz vor meinem inneren Auge, weil die Corona-Kurve in jedem Fall die Sorgen und die Ängste und den Tod von vielen Menschen abbildet? Das ist nicht nur eine Grafik, das sind nicht nur Zahlen. Es geht um Menschen, die leiden. Es geht um die Krankenhäuser mit Ärztinnen und Pflegern, denen alles abverlangt wird. Es geht um Fragen, auf die wir keine Antworten haben. Es geht um Leben und Tod.
Jesus stirbt am Kreuz auf dem Berg. Er ist der Gottessohn, der uns Menschen nahekommt, in tiefstem Leid, in größter Not, ja sogar im Tod. Gott selbst leidet mit seinen Menschen. Und deshalb bleibt niemand allein in seinem Leid. „Christus ist im Leiden bis an das Ende der Welt“. (Roland de Pury)
Georg Hoffmann, Mihla
Bleibet hier und wachet mit mir - ist eine musikalische Betrachtung des Kreuzes . Sie können sie auf der zweiten Audioaufnahme hören.
Andacht-2 Hoffmann
Bleibet hier und wachet mit mir