05.12.2020
Lichtblick Advent - 5. Dezember

Wort und Musik zum Tage von Gemeindepädagogin Bärbel Höfling

In der Kindheit gehörte für mich das Schuheputzen immer wieder auch zu den Pflichten für unsere Familie. Einmal im Jahr war es jedoch keine Pflicht, sondern mit Spannung und Erwartung verbunden. Das war am Vorabend zum Nikolaustag. Rechtzeitig vor dem Schlafengehen nahm ich meine hohen Winterschuhe, putzte sie mit großer Sorgfalt und stellte sie in unseren Flur. Am anderen Morgen konnte ich es kaum erwarten, nach den Schuhen zu sehen. Tatsächlich, die Schuhe waren gefüllt! Keine großen Sachen, ein Schokoladenweihnachtsmann, eine Apfelsine und Plätzchen. Der Nikolaus hatte in der Nacht etwas für mich gebracht und ich erinnere mich gut an meine Freude darüber.

Später wurde mir natürlich klar, dass es nicht der Nikolaus war, sondern meine Eltern. Das änderte aber nichts daran, dass der Nikolaus als Freund der Kinder mit den Tagen meiner Kindheit verbunden geblieben ist.

Als ich älter wurde, erfuhr ich, dass der Nikolaus nicht nur eine vorweihnachtliche Figur mit Erziehungsfunktion für Kinder war, sondern als Bischof von Myra, eine ganz reale Person. Damit war mein Interesse für den Nikolaus für lange Zeit erschöpft. Bis zu dem Tag als sich eine ganz neue und ganz andere Überraschung anbahnte.

Unsere Fernbreitenbacher Kirche ist eine schöne Kirche, doch war sie in der Vergangenheit, bis auf die Kanzel, schlicht und schmucklos. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, dass es auch anders seien könnte! Doch wer heute in ihren Altarraum schaut, schaut in ein Lesebuch aus dem 14.Jh.. Zu jener Zeit konnten nur wenige Gebildete lesen und schreiben, deshalb waren es vor allem Bilder aus denen Menschen etwas für ihr Leben lesen konnten. Als dieses Lesebuch nach Jahren endlich vollständig freigelegt und restauriert war, da fand sich unter den 6 lebensgroßen heiligen Personen in den Fenstergewänden auch St. Nikolaus.

St. Nikolaus befindet sich dort neben anderen in der Gesellschaft von 3 sogenannten Pestheiligen. Im 14. Jh. wurden die Menschen durch mehrere Pestwellen erschüttert. Schnell wurde mir klar, dass St. Nikolaus in diesem Zusammenhang noch eine ganz andere Bedeutung für die Menschen gehabt haben muss! Durch die zahlreichen Nikolauslegenden schimmert ein Mensch voller Gottvertrauen, der in schwierigen, vielleicht auch aussichtslosen Situationen gehandelt und etwas getan hat, was zum Segen für Menschen, besonders auch für Kinder, geworden ist. Ohne die Frömmigkeit der Menschen im 14.Jh. zu kennen, deute ich den Nikolaus am Fenster in unserer Fernbreitenbacher Kirche als Vorbild und Mutmacher in schwierigen Zeiten. Mutmachende Vorbilder können wir bis heute gut gebrauchen!

Eine gesegnete Adventszeit wünscht Ihnen Bärbel Höfling.

 

 

Höfling - Andacht

Höfling - Seht die gute Zeit