16.04.2020
Corona - kurz und knapp - 20. April
Ein Wort zum Tage von Pfarrerin Tina Beyer
Sind wir doch mal ehrlich! Wir Menschen sind Verdrängungskünstler. Und was wir nicht alles verdrängen können! Probleme mit den Kollegen ignorieren wir. Liebeskummer drücken wir weg. Schlechte Noten werden genauso schnell vergessen, wie die Arbeit im Rucksack verschwindet. Und überfordert sind wir schon gar nicht, da sagen wir doch lieber: „Ich fühl mich heute nicht so gut, es muss wohl am Wetter liegen.“ Und dieses Verdrängen funktioniert auch super gut. Es funktioniert solange richtig gut, solange ich mich nicht mit mir auseinandersetzen muss. Es funktioniert so lange richtig gut, solange ich überhaupt keine Zeit habe, mich mit mir und all den kleinen, gut verpackten und tief unters Bett geschoben emotionalen Kisten zu beschäftigen. Und dann, dann kommt plötzlich der eine Moment, der mich selbst zum Anhalten bringt oder zwingt. Sei es diese Corona-Krise, der Urlaub, das plötzlich freie Wochenende oder auch einfach nur der eigene Nullpunkt, den ich, ob ich es möchte oder nicht, irgendwann einmal erreiche.
Was dann? Wem kann ich alle meine Gedanken entgegen bringen? Wem kann ich mich dann öffnen - und damit meine ich richtig öffnen, alles aussprechen, was mir so schwer fällt. Vielleicht auch das, wofür ich ich schäme?! Wohin dann mit all den schön verpackten und tief unters Bett geschobenen emotionalen Kisten?
Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, empfängt, und wer da sucht, findet; und wer da anklopft, denen wird aufgetan. Lukas, 11, 9-11
Mit all dem Ballast kann ich zu unserem Herrn, er hört zu, er verurteilt nicht, er ist einfach da und mit ihm kann ich Kiste für Kiste auspacken. Bei ihm kann ich immer anklopfen. Mit all dem vor der Tür stehen, was ich mich nicht traue laut auszusprechen. Er macht mir die Tür immer auf, egal in welcher Verfassung ich bin und er hat Zeit, egal, welche Krise mein Leben gerade erschüttert. Er lässt sich von mir finden und er hört auch nie auf, nach mir zu suchen, egal wie weit weg ich manchmal vielleicht auch bin oder war. Zu ihm kann ich immer und immer wieder neu kommen.
Pfarrerin Tina Beyer aus Neuenhof.
Andacht Tina Beyer