13.05.2020
Corona - kurz und knapp - 20. Mai
Ein Wort zum Tage von Pfarrer Andre Krauss
Wenn man mit dem Fahrrad durch das schöne Werratal fährt, kommt man vor Dankmarshausen an einem Kieswerk vorbei. Dort wird Kies gefördert, gesiebt und je nach Korngröße zu hohen Bergen aufgetürmt.
Haben Sie schon einmalmal versucht, über einen solchen Kieselsteinberg zu klettern? Ein solches Vorhaben ist kaum zu schaffen, denn dieses Steingeröll bringt einen ganz schön in Schwierigkeiten:
Jeder beherzte Schritt in Richtung Gipfel wird nach wenigen Metern mit dem Einsinken in den Kies belohnt. Schnell merkt man, es bedarf mehr Anstrengung und schnellerer Bewegungen, um von der Stelle zu kommen. Aber je mehr Energie man aufwendet, umso mehr spürt man, dass unter jedem Schritt der Kies zerrinnt. Man greift mit den Händen nach oben, doch jedes Hochziehen hat ein erneutes Einsinken zur Folge. Man rutscht immer wieder hinter den letzten Schritt zurück und hat schließlich das Gefühl: Dieser Haufen lässt einen nicht mehr los und zerrt an einem.
Irgendwann muss man dem Geröllhaufen erschöpft seine Mächtigkeit zugestehen.
Man bleibt entkräftet stehen, gibt auf und lässt sich zurückfallen.
Aber der Berg, der vor einem liegt, lässt einen nicht los und so umkreist man ihn gedanklich immer wieder.
Ganz ähnlich kennt wahrscheinlich jeder von uns seinen persönlichen Kieselsteinberg. Vielleicht ist er mit den Jahren immer größer angewachsen. Jeder Brocken meines Berges starrt mich an und bei jeder Umrundung dieses Haufens wird sein Blick mächtiger und hämischer.
Im 5. Buch Mose im 2. Kapitel erinnert sich Mose, wie das Volk Israel umherirrte und Gott spricht zu ihnen:
Ihr habt dieses Gebirge lange genug umzogen; wendet euch nach Norden. (5. Mose 2,3)
Das heißt doch nichts anderes als: Nehmt eine andere Perspektive ein und verlasst euch auf mein Wort, ich weise euch einen neuen Weg.
Vielleicht bedeutet das auch für uns: Dreh dich nicht immer nur im Kreis deiner Gedanken. Du hast lange genug deinen Kieselsteinberg umzogen, es wird Zeit, dass du aufblickst und weiterziehst.
Wie viele Menschen bleiben täglich in ihrem eigenen Scherbenhaufen stecken?
Doch Gott ruft immer wieder: Geh weiter! Es ist an der Zeit, zu vertrauen und den mühsamen Weg eingetretener Pfade zu verlassen.
Ohne Frage, es braucht eine Menge Mut und Vertrauen, alte Gewohnheiten und verfestigte Verhaltensweisen aufzugeben und neue Wege einzuschlagen. Denn der Weg, der gefühlt über den Kieselsteinberg angetreten wird, entpuppt sich oft genug als eine Spirale nach unten.
Vertrauen sollen wir Gottes Wort, der die Zukunft offenhält und immer wieder neu aus der Enge ins Weite führen will.
Ich gebe euch neue Hoffnung und Zukunft (Jer 29,11), lässt Gott die verzweifelten Israeliten in Babel wissen.
Wer Mut hat, Gottes Ruf zu hören und ihm zu vertrauen, der wird seinen Blick von dem Steinhaufen vor sich wenden können und in eine neue strahlende Richtung befreit seinen Blick richten können.
Wenn Sie das nächste Mal an einem Kieswerk vorbeikommen, dann schauen Sie doch mal, was ein solcher Berg für einen langen Schatten wirft, aus dem man heraustreten kann.
Ich wünsche Ihnen in diesem Sommer viele frohe Ausflüge mit dem Fahrrad und dabei einige verheißungsvolle Entdeckungen.
Es grüßt Sie aus Berka/Werra,
Ihr Pfarrer André Krauß
Musik: Popkantor Matthias Weber (Heringen)
Kieselsteine am Wegesrand