29.12.2020
Lichtblick Weihnacht - 29. Dezember

Ein Wort zum Tage von Pfarrer Christian Müller

Wir sind gerade zwischen den Jahren. Irgendwie ein komischer Ausdruck. Nach unserem Kalender endet doch das alte Jahr am 31. Dezember, 23.59 Uhr und das neue Jahr beginnt am 1.Januar, 0:00 Uhr. Und doch dieses „zwischen den Jahren“ beschreibt ganz gut, wie die Zeit gerade ist. Die Bücher für 2020 sind geschlossen. Versuchen Sie einmal, bei den Ämtern oder in Firmen jemanden zu erreichen! Was nicht bis zum 19. Dezember geschehen ist, passiert nicht mehr in diesem Jahr. Die meisten Menschen haben frei, freiwillig oder wegen Corona. Und zugleich ist das neue Jahr noch nicht angelaufen, es kommt ja noch der Jahreswechsel. Eigentlich soll ja am 4. Januar das Leben wieder losgehen, hoffen wir, dass es wenigstens der 11. wird.

Wir leben zwischen den Jahren. Abschied vom alten, verkorksten Jahr und der leisen Hoffnung auf ein besseres, normaleres Jahr 2021. So stehen wir emotional zwischen Abschied und Neuanfang.

Es ist eine ruhige Zeit. Vielleicht ist das Schöne dabei, dass die Ruhe für die meisten von uns eine Ruhe ist, die wir genießen können. Da ist kein „Du musst jetzt aber“ des Alltags oder das Gefühl etwas zu verpassen, sondern es darf ruhiger sein. Es ist geschenkte Zeit. Zum Reden mit den einen, die wir treffen dürfen, zum Telefonieren mit denen, die wir nicht treffen sollen.

Zwischen den Jahren ist auch eine Zwischenzeit des Weihnachtsfestes. Zum 24. und 25. Dezember gehört traditionell die Weihnacht der Hirten und der Engel, so wie es uns der Evangelist Lukas berichtet. Jesus ist im Stall in Bethlehem geboren, kommt in die Niederungen der Gesellschaft. Er wird in das Elend der Welt geboren. Zwischen Stall und Hirten, die als die Außenseiter galten.

Zwölf Tage später, am Dreikönigstag, klingt dann Weihnachten schon anders. Wo ist der neugeborene König der Juden? Fragen die Weisen aus dem Morgenland. Sie gehen nach Bethlehem, um Jesus reich zu beschenken: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Sie beten das Kind an. Und weil sie aus den verschiedenen Ecken der Welt kommen, tun sie das auch stellvertretend für die Welt. Der neue König kommt, der neue, andere Herrscher über die Welt.

Beides gehört zusammen. Jesus das Kind im Stall und der, den die Männer aus den fremden Ländern anbeten.

Die Zeit zwischen den Jahren wird so von Weihnachten überspannt. Die Hoffnung, die in der Geburt Jesu liegt, wird uns so in zwei Blickweisen geschenkt, wir dürfen sie ins neue Jahr tragen. Darüber möchte ich auch in dieser ruhigen Zeit nachdenken.

Christian Müller

Andacht - Zwischen den Jahren